KStA: "Zwischen Graffiti und Mode-Design"

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Paris - Man stelle sich Donatella Versace vor, wie sie sich am helllichten Tag vor eine Hauswand setzt und sie mit halb nackten Lolitas bemalt, einfach so, illegal. Unvorstellbar? Bei Versace vielleicht, bei Fafi nicht: Die 31-jährige, in Toulouse aufgewachsene und in Paris lebende Fafi ist gut bezahlte Designerin und polizeilich verfolgte Graffiti-Aktivistin in einem.

Mal entwirft sie Hemden für ihre eigene Kollektion, Jogginganzüge für Adidas und Spielzeugfiguren für Sony komplett mit dem eigenen Fafi-Logo in Schreibschrift.

An anderen Tagen malt sie hübsche junge Frauen auf Mauern in Paris und dem Rest der Welt. Zum Beispiel auf die Berliner Mauer, auf Hafengebäude in Hongkong und Ruinen auf Thailändischen Inseln. Wenn Fafi auf Reisen malt, bekommen die «Fafinetten», wie sie ihre Mädels nennt, meistens Referenzen an das Gastland - bei der Frau an der Berliner Mauer wallt das überdimensionale schwarz-rot-goldene Haar nach rechts und links, die im thailändischen Kho Lanta schaut den Betrachter kokett aus ihren überdimensionalen Schlitzaugen an.

Fafi setzt sich einfach mit ihrer Acrylfarbe vor die Mauer ihrer Wahl und fängt an zu malen. Sie sieht nicht aus, wie man sich eine Verbrecherin vorstellt, darum kommen viele nicht auf den Gedanken, sie könnte etwas Verbotenes tun. Tut sie aber: «Ich werde in meiner Heimat Frankreich nicht nur polizeilich verfolgt, sondern auch mit körperlicher Gewalt bedroht. Gleichzeitig lädt man mich in andere Länder ein, um dort zu malen oder meine Bilder auszustellen.» Es ist ihr Spagat zwischen illegaler Graffitimalerei und der Arbeit als angesehene Künstlerin und Designerin. Mit dem Graffiti hat es alles angefangen, es war sozusagen ihre erste Referenz, die Ausstellungen und das Modedesign kamen erst, als man ihre Figuren schon kannte.



Inzwischen haben die Fafinetten Verstärkung in ihrer Fantasiewelt bekommen: Hmilo ist ein quallenartiges, schwermütiges Wesen, das höchstens gute Laune bekommt, wenn die Fafinetten auf ihm reiten oder er ihnen mit den Zähnen die Haare kämmen darf. Der kleine Birtak war einmal Pirat, hat sich dann allerdings für ein Leben als Ballerina entschieden. Und die Hillminis sind große, gutmütige Geschöpfe mit markanten Vorderzähnen und einem braunen Fell, immer für einen Witz zu haben. Aber das wichtigste sind für Fafi nach wie vor die mal eher süßen, mal fast pornografischen, immer gut gekleideten Fafinetten.

«Sie sind süß, sexy und sehr modebewusst, reisen gern und sind sehr verspielt», beschreibt Fafi sie. «Es sind keine komplizierten Mädchen, sie wollen keine Botschaft verbreiten, sie stehen einfach nur in den Straßen und zwinkern dir zu.» Ob Fafi sich auch vorstellen könnte, mal weniger hübsche Mädels zu malen? «Erst wenn mich die süßen Honeys langweilen», sagt sie. «Außerdem laufen schon genug Freaks auf den Straßen rum, da müssen meine Mädels nicht auch noch hässlich sein. Ich respektiere das menschliche Auge.»

Respekt hin oder her: Manchen Leuten sind die Fafinettes zu offensiv, zu sexy. In Toulouse haben Feministinnen ihre Bilder übermalt. «Lächerlich» findet das Fafi. «Immerhin zeige ich weibliche Präsenz in einer Männerdomäne, dem Graffiti, noch dazu in dreckigen Straßen und an unzugänglichen Stellen. Ich bin ein Macho-Girl!» Das sieht man ihr aber nicht an - im Gegenteil. Fafi, die viel modelt und gern High-Heels trägt, sieht ihren eigenen Schöpfungen gar nicht so unähnlich. Wenn man Fafi selbst fragt, ist es jedoch nicht nur das Aussehen: «Ich bin eines meiner Mädchen, und zwar ständig. Obwohl es da natürlich kurz nach dem Aufstehen gewisse Abweichungen gibt...» (dpa)