Neo-Nazis in Hamburgs S-Bahn-Wache
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Mitarbeiter packt aus: »Bestimmte Kollegen begrüßen sich mit erhobenem rechten Arm, viele sind NPD-Anhänger«
OLAF WUNDER
Scheiß Türke!" "Scheiß Moslem!" "Was bist du denn für ein Jude?" Sprüche, die bei der S-Bahn-Wache zum alltäglichen Sprachgebrauch gehören sollen. Denn ausgerechnet unter denjenigen, deren Aufgabe es ist, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, soll es führende Mitarbeiter geben, die unverhohlen ihr rassistisches Gedankengut zur Schau stellen. Diejenigen, die das behaupten, sind ebenfalls S-Bahn-Wachmänner. Und zwar solche, die das Verhalten ihrer Kollegen nicht länger decken wollen.
Alles begann mit einer anonymen E-Mail an die MOPO. Angehängt: das etwas unscharfe Foto eines Mannes, der sich ein Bärtchen auf die Oberlippe geklebt hat. Dieses Bild zeigt einen hochrangigen Mitarbeiter der S-Bahn-Wache. Es gibt keinen Zweifel: Er imitiert Adolf Hitler, den Mann, der Millionen Juden hat umbringen lassen. Das Foto soll lange am Schwarzen Brett gehangen haben. Bis zuletzt war es auf einem dienstlichen Computer gespeichert. Nur ein geschmackloser Scherz?
"Mehr als das", meint der Mann, der die E-Mail an unsere Redaktion geschickt hat. Er hat Angst, erkannt zu werden, fürchtet Repressalien, wenn bekannt wird, wer er ist. Aber immerhin der MOPO gibt er sich zu erkennen - und packt aus: "Ich habe selbst erlebt, wie sich bestimmte Kollegen zu Dienstbeginn mit erhobenem rechten Arm grüßen", erzählt er. "Dienstbesprechungen werden in einem Ton abgehalten, der an die Reden Hitlers erinnert." Weiter behauptet der Mann: "Mehrere Mitarbeiter sind bekennende NPD-Anhänger." Wer anderer Meinung sei, werde abgekanzelt mit Sprüchen wie: "Ihr seid doch eh nur Juden!"
Die MOPO konfrontiert die S-Bahn-Pressestelle mit den Vorwürfen. Von dort wird Jens Müller, der Geschäftsführer der Sicherheitsfirma "Securitas", eingeschaltet. Denn es ist sein Unternehmen, das das Personal der S-Bahn-Wache stellt. Müller behauptet: "Üble Nachrede!" Angeblich werde mit dem "Hitler-Foto" gar nicht Hitler, sondern lediglich ein bärtiger Kollege karikiert. "Wir distanzieren uns von Rassismus und Neonazismus", versichert er. Für den Mitarbeiter, der auf dem Bild zu sehen ist, lege er seine Hand ins Feuer. "Etliche Kollegen habe ich befragt, ob er durch rassistisches Verhalten aufgefallen ist. Alle haben das verneint."
Ob Müller die Falschen gefragt hat? Denn die MOPO hat inzwischen mit weiteren S-Bahn-Wachleuten Kontakt - und die bestütigen die Vorwürfe gegen den Kollegen. Einer sagt: "Der Mann ist ein ganz übler Rechtsextremist. Andere Vorgesetzte decken sein Verhalten auch noch." Ein weiterer Wachmann berichtet der MOPO, wie sich der Betreffende gegenüber ausländischen Fahrgästen verhalte: "Wenn er einem Afrikaner begegnet, stößt er gern Affenlaute aus." Beleidigt würden auch Menschen, die deutlich als Moslems zu erkennen seien. "Von denen will er dann wissen, wann sie denn die nächste Bombe hochgehen lassen." Der Mann, der mit seinem Hitler-Foto stolz hausieren gegangen sein soll, wird als "untragbar" bezeichnet. Aber statt ihn zu entfernen, sei er jüngst sogar befördert worden.