Empörung über rechtsextreme Werbung vor der Schultür
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"Deutsch ist Geil"-Parolen auf öffentlichem Grund lassen sich nicht verbieten; Schulen setzen stattdessen auf politische Aufklärung.
Die Aufregung war riesengroß. Die Kinder, elf und zwölf Jahre alt, beschimpften die Männer, die am frühen Morgen auf dem Bürgersteig vor Ihrer Schule standen. Zettel, die die Aktivisten der rechtsextremen "Bürgerbewegung Pro Köln" verteilt hatten, wurden demonstrativ zerissen, bespuckt und in den Papierkorb geworfen. Am Dienstag vor der ersten Unterrichtsstunde um acht Uhr, hatten die Männer die Flyer vor dem Herder-Gymnasium in Buchheim verteilt. "Rechtsradikales Geschmiere", empörten sich Schüler und verständigten den Direktor. "Die Kinder waren nur schwer zu beruhigen", erzählt Schulleiter Jürgen Kohls. Einige seien sogar noch einmal protestierend auf die Straße gelaufen, nachdem sie von den Lehrern bereits in die Klassen geschichkt wreoden waren. "Deutsch ist geil", ist das Flugblatt überschrieben, das sie so verärgert hatte. Es gehört zur so genannten "Jugend-Offensive", die die Rechtsextremen von "Pro Köln" im Februar angekündigt hatten. Populistische Parolen wie "Stoppen wir gemeinsam Multikulti und Islamisierung!!!" oder "Ausbildungsplätze zuerst für Deutsche!" sind darauf zu lesen.
Die Aktivisten postieren sich vor Schulen im gesamten Stadtgebiet und verteilen die Flyer mit ihrem Gedankengut. Angeblich 20 000 Exemplare der Flugblätter sollen in Erstauflage gedruckt worden sein. Solange die Pro-Köln-Anhänger auf öffentlichem Grund stehen, ist die Aktion rechtmäßig. Zwar gilt in Köln in einem engen Radius eine Bannmeile, in der kommerzielle Werbung verboten ist. Diese Vorschrift zählt jedoch nicht für politische Äßerungen.
"Unsere Schüler haben empfunden, dass sich die Aussagen massiv gegen ihre ausländischen Mithschüler richten", berichtet Direktor Kohls: "Das wollten sie nicht akzeptieren, was mich sehr froh macht." Bis zur ersten großen Pause hatten die Kleinsten der fünften und sechsten Klasse am Dienstag ein Protestflugblatt gestaltet, das auch die Lehrer unterschrieben. In die Gänge des Gymnasium hängten die Schüler ein Plakat. "Gegen Rassismus. Ausländer sind gut und unsere Freunde. Stoppt die Forderungen von Pro Köln", schrieben die Elfjährigen auf das Din-A-3-Papier.Gerade weil die Aufregung so groß gewesen si, wolle er "die Angelegenheit nicht einfach so hinnehmen", sagt Schulleiter Kohls. Um die Kinder "mit Ihren SOrgen nicht alleine zu lassen", werden Lehrer und Schüler am Freitag nach der sechsten Stunde mit Mitgliedern antifaschistischer Gruppen über Rechtsradikalismus diskutieren. Auch im Unterricht wurde das Thema in den vergangenen gen besprochen. In der kommenden Woche werden 15 Stellwände des Jugendclubs "Courage" in der Schule gezeigt, auf denen die Ziele und Sichtweisen von "Pro Köln" kritisch analysiert werden.
Dass rechtsextreme Vereinigungen ihre Nachwuchswerbung forcieren, berichtete NRW-Innenminister Ingo Wolf jüngst bei der Vorstellung des Verfassunsschutzberichtes. So versuche die NPD auf scheinbar unverfänglichem Weg, oft auch vor Schulen, Jugendliche mit "Informationsmaterial" zu ködern. Zur "Bürgerbewegung Pro Köln", die mit vier Mitgliedern im Kölner Rat vertreten ist, steht im Verfassungsschutzbericht der Hinweis, es lägen "aktuelle tatsächliche Anhaltspunkte vor, die in ihrer Gesamtbetrachtung den Verdacht einer rechtsextremistischen Bestrebung begründen".
Gegen die Beobachtung durch die Geheimdienstler hat die "Bürgerbewegung", die auch aus der rechtsextremen "Deutschen Liga für Volk und Heimat" hervorgegangen ist, geklagt. Äßerungen in den Veröffentlichungen von "Pro Köln" indes begründeten "den Verdacht für die Zielsetzung, tragende Strukturprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung wie die Achtung der Menschenwürde aller Teile der Bevölkerung zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen", urteilte das Verwaltungsgericht Düsseldorf und lehnte die Klage ab.