DIE ZEIT: Farbe für Fidels Insel Interview mit CubaBrasil - 1. Teil

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In Havanna stehen zwar viele revolutionäre Sprüche an den Wänden, Graffiti kannte man dort bisher aber nicht. Bis deutsche Künstler mit einer halben Tonne Sprühdosen kamen

Ein Interview von Elise Graton

Im Jahr 2003 gründete der deutsche Graffiti-Künstler Don M. Zaza die Gruppe CubaBrasil. Gemeinsam mit 17 weiteren Künstlern aus Deutschland, Kuba und Brasilien bemalte er einen Monat lang die Wände von Havanna mit Graffitis und Wandbildern. Mit dabei war auch eine Gruppe von Videokünstlern, die Bilder an die verfallenen Fassaden projizierte. Alles ohne Genehmigung und illegal. Die Gruppe zog später noch weiter nach Cardiff (2004) und Sao Paulo (2005). Vergangenes Jahr gastierte CubaBrasil dann ein weiteres Mal auf Kuba – diesmal mit einer offiziellen Einladung zur Kunst-Biennale in Havanna.

Elise Graton sprach mit Don M. Zaza und dem deutschen Videokünstler Torge Peters vom Kollektiv Los BerlinBeamBoysüber Graffiti in Kuba und verständnisvolle Polizisten. Die Abschlussausstellung von CubaBrasil ist noch bis zum 19. August im Berliner Künstlerhaus Bethanien zu sehen.

Don, wie kamst du darauf, mit brasilianischen und kubanischen Künstlern ein Graffiti-Kollektiv zu gründen?

Don: Zwischen 1999 und 2000 habe ich ein halbes Jahr in Brasilien gelebt und dort viele Künstler und Graffitiwriter kennen gelernt. Von da bin ich nach Kuba gegangen und habe auch dort Leute aus der Kunstszene getroffen. Sie malten mit Ölfarben auf Leinwand und hatten von Graffiti noch nie gehört. Dabei machten sie vom Stil her ganz ähnliche Sachen. Ich dachte mir, dass man diese Leute zusammenbringen sollte.

Was hast du dann gemacht?

Don: Ich bin einen Monat lang durch Havanna gelaufen und habe Künstler gesucht, die Lust auf das Projekt hatten. Gleichzeitig habe ich meine Bekannten aus Brasilien eingeladen. 2003 ging es dann mit den ersten gemeinsamen Terminen los. Das erste Mal war ziemlich improvisiert, wir haben eine halbe Tonne Sprühdosen nach Kuba geschifft, die wir innerhalb eines Monats vermalt haben.



Ihr habt euch keine Genehmigung geholt?

Don: Nein, wir haben einfach angefangen, Wände zu bemalen.

Ist Sprühen in Kuba nicht verboten?

Don: 2003 gab es in Kuba noch so gut wie gar kein Graffiti, das war alles sehr jungfräulich. Bei einem Durchschnittslohn von 13 Dollar im Monat können sich die Leute keine Sprühdosen für fünf Dollar leisten.

Torge: Selbst auf dem Prado, der Prachtstraße von Havanna, konnten wir mitten am Tag zu einer Wand gehen und anfangen zu malen. Einmal stand ein Polizist daneben, während wir ein Wandbild malten. Der hat nur auf eine andere Wand gezeigt und gemeint: Da sollte vielleicht auch was hin. Mittlerweile würde das aber nicht mehr gehen. Bei unserem zweiten Besuch 2006 hatten wir die Ausweise der Kunst-Biennale, da konnten wir der Polizei sagen: „Ministerio del cultura, wir sind eingeladen, pass lieber auf, dass der Verkehr uns nicht stört.“

Habt ihr bei euren Aktionen auf der Straße auch mal Probleme bekommen?

Torge: 2003 haben die brasilianischen Graffiti-Künstler Os Gemeos im Hafen von Havanna das Bild eines knienden Menschen mit einem Boot um den Hals an eine Wand gemalt. Ausgerechnet dort, wo kurz zuvor Kubaner eine Fähre entführt hatten, um nach Miami zu flüchten. Die so genannten Rädelsführer, die die Fähre damals gekidnappt hatten, wurden standrechtlich verurteilt und hingerichtet.

Don: Als das Bild fertig war, standen die Leute an der Bushaltestelle neben der Fährstation mit offenem Mund da. Die Polizei kam mit quietschenden Reifen. Die Wand mussten wir am nächsten Tag übermalen.

Sonst ist nie etwas passiert?

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